• Mr. Green: Ein MX5 V Special

    Die Geschichte eines MX5 NA in 5 Kapiteln

Mr. Green: Ein MX-5 V-Special

Die Geschichte eines MX5 NA in 5 Kapiteln

Woran erkennt man einen überforderten Blogger? Ganz einfach: er vergisst ganze zwei Jahre lang Neuigkeiten über sein größtes Projekt zu posten. Dafür gibt es nun die ganze Story als einzelnen Artikel! (An die mobilen Benutzer: Bei den Bildern handelt es sich um Galerien die man durch wischen durchlaufen kann)

Kapitel I: Unverhofft kommt oft

Wir erinnern uns zurück: Im Juli 2018 fiel mir durch eine glückliche Fügung ein 1991er Mazda MX-5 NA V-Special in die Hände. Als ich an diesem Tag aus dem Bett gestiegen bin. wusste ich noch nicht, dass ich am Nachmittag einen MX5 Kaufvertrag unterschreiben werde. Genauso wenig wusste ich, dass ich mich abends noch bei einem Ausflug zu einem Iron Maiden Auftritt in Ungarn anhängen werde – insgesamt sicher einer meiner bis dato aufregendsten Donnerstage.

Eigentlich sollte es ja nur ein kurzer Ausflug auf dem Nachhauseweg sein, um mir den relativ günstig in einem Forum angebotenen NA anzusehen und evtl. Freunden und Bekannten einen Tipp zu geben, falls diese ein kleines Projekt suchen. Als Drittwagen fristete das Sondermodell seit 17 Jahren ein Schattendasein bei seinem (Zweit-)Besitzer, positiver Nebeneffekt der eher schwachen Nutzung: Der Wagen hatte nach 27 Jahren nur 69.000 km auf dem Tacho stehen, belegt durch akribisch gesammelte Pickerl und Werkstattbelege von allen Prüfungen und Services. Erstmalig zuglassen wurde wurde er übrigens 1991 in der Heimatstadt des österreichischen Importeurs (Mazda Austria) in Klagenfurt durch einen Privatdetektiv mit “007” im Wunschkennzeichen – im Auto waren keine Zeichen übermäßigen Martinikonsums zu finden, jedoch eine goldene RayBan Aviator. Ein Relikt spannender Detektiveinsätze der 90er Jahre? Man weiß es nicht…

Alles in allem klingt die Beschreibung so weit wie eine Art Jackpot – wären da nicht auch einige Baustellen: Die meiste Zeit seines Lebens war der Roadster ein Garagen-Auto, just im falschen Moment war er allerdings im Freien geparkt und hat einen großflächigen Hagelschaden abbekommen. Der zum Verkauf ausschlaggebende Grund war dann aber vermutlich der Motor, der nur noch auf zwei Zylindern lief und vor sich hin wackelte. Zudem war das Verdeck zwar noch grundsätzlich intakt, aber nach 27 Jahren doch etwas spröde und mit einer blinden Heckscheibe nicht mehr besonders ansehnlich. Zuletzt hatte der Vorbesitzer den kleinen Roadster wohl allgemein etwas aufgegeben und ihn daher einige Monate unbewegt im Freien stehen gelassen, so dass die Standlicht-Blinker-Einheiten direkt etwas Moos angesetzt haben – immerhin farblich passend zum British Racing Green.

Trotz seiner Mängel bot der Roadster sein sehr gutes Potenzial. Rosttechnisch stand der da wie ein Jahreswagen, alle Falze sauber, kaum Flugrost am Unterboden und auch kein Indiz für gammelige Schweller. Auch der Innenraum sah gut aus, beim V-Special besonders wichtig, da die braunen Teile auf den Gebrauchtteile-Börsen eher zur begehrten und knappen Ware gehören.

Freundlicherweise stellte mir der Verkäufer mittels ÖAMTC den Wagen direkt in einen Innenhof Wiens zu. Hier wurde der inzwischen “Mr. Green” getaufte MX5 einem gründlichen Check und den für den Transport in die Steiermark notwendigen Reparaturen unterzogen. Von nun an musste es schnell gehen, denn der freundliche Vorbesitzer vertraute mir den Wagen samt gültiger Kennzeichen an, die ich für die Überstellung in die Heimat nutzen durfte. In den darauf folgenden Tagen wurde der Motor mit einer Kombination aus gereinigten Einspritzdüsen und einem neu aufgelegten Zahnriemen überredet wieder mit allen Zylinder zu arbeiten. Aus Sicherheitsgründen wurde jedoch beschlossen, ein komplett neues Zahnriemen- und Wasserpumpen Kit zu verbauen, bevor es heimwärts gehen sollte.

Kapitel II: Die längsten 130km

Als Samstags der Tausch des Zahnriemens inkl. einiger Klassiker (bombenfeste Riemenscheibe, abgerissene Schraube am Wasserpumpenstutzen) beendet war, zeigte die Uhr ca. 1.30 und der für diese Arbeit mit Pizza angelockte Studienkollege wollte dann auch langsam nach Hause. Also hieß es Gepäck verstauen und auf zu einer nächtlichen 130 km Probefahrt in einem frisch gekauften Problem-MX5 samt Kennzeichen eines Fremden – was sollte dabei schon schiefgehen? Bereits bei der ersten Etappe zur Wohnung des Kollegen in den 2. Wiener Bezirk zeigte sich der MX5 teilweise etwas bockig, die Probleme wurden zunächst auf den alten Sprit geschoben (der Vorbesitzer erwähnte etwas vom letzten Volltanken “vor 2 Jahren”). Der schnellste Weg  in die Heimat führt über die Autobahn, da sich allerdings ein paar Vertrauensprobleme breit machten wurde beschlossen, erstmal die Bundesstraße zu nehmen. Es folgten etwa zwei Stunden voller Freude, Angst und kaltem Schweiß, auf gute 30 Kilometer folgten 5 Kilometer bei denen der Motor sporadisch die Motivation verlor und trotz Vollgas von 100 km/h auf 60 km/h absackte, eher er sich wieder fing, nur um im Anschluss wieder so zu tun, als wäre alles in Ordnung. Nach etwa 1,5 Stunden dieser Fahrt wurden die Nerven über Bord geworfen und mit Gedanken zwischen “der Motor muss einfach durchgeblasen werden” und “das Mistding musst bestraft werden” doch noch die Autobahn angesteuert. Mr. Green verhielt sich auf der Bahn immerhin nicht noch bockiger als auf den Landstraße, was ich quasi als Erfolg verbuchen konnte, und so kam ich gegen halb 4 Uhr Morgens doch noch im heimischen Carport an.

Kapitel III: Bestandsaufnahme

Es folgten Tage der Fehlersuche und Bestandsaufnahme für die Restauration. Es kristallisierte sich bald der Tank als Ursache für die sporadisch fehlende Gasannahme heraus, der Wagen stand anscheinend sehr lange Zeit mit etwa 60 % Benzin im Tank herum. Dies führte dazu, dass die obere Hälfte zu rosten begann und die Rostflocken den Filter der Benzinpumpe verlegten. Also wurde die Spritpumpe ausgebaut, und der Vorfilter gereinigt, dazu bekam er auch direkt einen neuen Benzinfilter spendiert.

Die Analyse des Hagenschadens führte zum Schluss, dass der Wagen in der Originalfarbe komplett neu lackiert werden soll, eine Heidenarbeit aber bei einer so guten Substanz durchaus lohnend. Damit die Schaufenster Optik wirklich perfekt wird, sollte zudem das Verdeck getauscht werden, ich habe mich schlussendlich gegen eine 100 % dem Original entsprechende Variante (PVC/Schwarz) entschieden – das dunkelgrüne Stoffverdeck verleiht dem V-Special aber meiner Meinung nach einen etwas gediegenen britischen Touch.

Bei der Windschutzscheibe bröckelte leider die Kunststoffzierleiste an manchen Stellen. Mittlerweile dem Perfektionswahn verfallen, wurde also versucht, die die Zierleiste zwischen A-Säule und Scheibe sanft mit einem Schlitzschrauber und Tüchern als Lackschutz heraus zu friemeln. Einem 12 cm Riss in der Scheibe später wurde dann festgestellt, dass die Zierleiste wohl mit der Scheibe verklebt ist ¯\_(ツ)_/¯ Einkaufsliste: + 1 Windschutzscheibe, +1 Zierleiste

Zum Schluss gab es da noch ein Bauteil, welches mich am meisten störte: Nach einem kleinen Auffahrunfall wurde die vordere Stoßstange (Originalteil) und die Motorhaube (kein Originalteil) getauscht. Der Clou: Die Motorhaube war aus Stahlblech statt Aluminium und subjektiv 5-mal so schwer. Also kam auch noch eine komplett neue Haube auf die Einkaufsliste. Tipp: Originale Mazda Ersatzteile erkennt man am “Mazda DOT” Sticker auf der Innenseite.

Als Kirsche on-top wurde dem MX5 dann auch noch eine komplette Service-Kur, bestehend aus Motor-, Getriebe-, Differential-Öl, ATF-Öl für die Servolenkung und einen neuen Luftfilter verschrieben. Zahn- und Keilriemen samt Wasserpumpe und Umlenkrollen wurden ja bereits vor dem Heimtransport erneuert.

Kapitel IV: Strippen & Lackieren

Viele MX5 Schrauber kennen das Spielchen: Man will schnell etwas Reparieren und kämpft ständig mit der Angst abgerissener Schrauben im Hinterkopf, Stunden mit irgendwelchen widerspenstigen Bolzen, Schrauben und Muttern. Nicht so bei Mr. Green, er sah sein Leben lang kein Salz und nur wenig Wasser, man hatte das Gefühl, einen Jahreswagen zu zerlegen. Viele Schrauben schimmerten sogar noch goldgelb, in dieser Form habe ich, dass in all den Jahren noch bei keinem NA gesehen. Im Zuge des Strippens wurden dann noch kleine Baustellen registriert und behoben, darunter die elektrischen Fensterheber, welche nur noch zaghaft funktionierten. Nachdem alle Paneele nur noch mit einer Schraube an Ort und Stelle gehalten wurden, und (unter anderem) alle Zierleisten, der Wind Lauf, die Innenradkästen, Spiegel demontiert waren, durfte die Fuhre dann zum Lackierer. Die Zwischenzeit wurde genutzt, um das inzwischen eingetroffene grüne Stoffverdeck auf das Gestänge aufzuspannen. Beim vierten Verdeck-Tausch in meiner Laufbahn klappte das ganze auch schon recht zackig in unter drei Stunden…

Kapitel V: Finale & Prolog

Mittlerweile ist es März 2019, der Frühling zeigt sich erstmalig und ein neu lackierter, aber ziemlich nackt da stehender Mazda MX-5 V-Special steht in meiner Einfahrt. Das Zusammenbauen war dank akribisch nach Baugruppen sortierter Schrauben kein Problem und erfolgte “genüsslich” über mehrere Tage verteilt. Zuvor wurden die Sitze auch gleich mit Lederpflege eingelassen und die Innenraumteppiche gesaugt.

Nun war Mr. Green fertig und bereit für das Pickerl (“TÜV”), welches er auch ohne Beanstandungen bekommen hat.

Seit 2019 hat sich der Tacho meines roten NA um etwa 5000 km (Skandinavien Reise sei dank) Vorgespult, während die grüne Diva keine 200 km gefahren ist. Irgendetwas sagt mir einfach, dass sie zu schön ist, um sie wirklich zu benutzen. Zukünftig soll das Sondermodell aber für Youngtimer (Gleichmäßigkeits-)Rallys und MX-5 Treffen in Österreich genutzt werden.

3 Kommentare
  1. Rudi
    Rudi sagte:

    Sehr geniale Story. Wenn man das so liest, kommt mir einiges bekannt vor, wobei an meinem roten Schatzerl nach 29 Jahren und 86000km bei der Heimholung organisch alles geradezu unheimlich gesund war – dafür musste ich einen Schweller schweißen lassen. Zahnriemen bekommt er erst heuer neu, nach 3 problemlosen Saisonen… und endlich auch die gelben Konis 🙂

    Antworten
  2. Heinz
    Heinz sagte:

    Hi Ben
    hab vor 7 Jahren auch so nen Schätzchen geschossen, damals 33000km und da leider zum Fahren zu schade heute mal gerade 45 tsd. Ich hab das Problem, dass sich vom Armaturenbrett die schwarze Beschichtung auflöst. Hast Du ne Idee, wie man die erneuern kann.
    Allzeit gute Fahrt
    Heinz

    Antworten
  3. Egon
    Egon sagte:

    Hallo Ben!
    Also , ich muß schon sagen ,Hut ab was du in deiner Kuchlkastl Garage alles zuwege bringst,vor allem das Herzblut das du in deine Projekte steckst. Wirklich toll. Wünschte ich hätt auch soviel Platz. Aber, ich bin mit meinem Baby ( in rot, Ledersitze, LS in Kopfstützen etc.( und a bisserl mehr Power ) auch ganz zufrieden.
    Ich wünsch mir mir das deine Begeisterung für diese Spezies lange anhält. ( hab 25 Jahre bei Mazda gearbeitet )
    Liebe Grüße aus Bernstein, ( Egon) weiter so 👍👍!!

    Antworten

Hinterlasse einen Kommentar

An der Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns deinen Kommentar!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert